In Dunklen Wellenwogen
“In dunkklen Wellenwogen” misst 100 x 120 cm und ist mit Öl auf Leinwand gemalt.
Zu sehen ist ein Wellenmeer, durch welches ein Wanderer mit gelbem Regenschirm läuft. Um ihn herum spalten sich die Wellen. Düstere Gestalten und rostige Rohre sind um ihn herum zu sehen. Sein Weg führt ihn in einen schwarzen Abgrund.
-Eine Reise in den Abgrund-
Über seinen Rücken spürt er die Kälte des Regens, der nass und schwer auf seine Schultern geschlagen war und seinen Mantel durchweicht hat. Dicke Tropfen platschten auf glatte Pflaster. In der Luft hängt der Duft nasser glatter Steine. Der Geruch, wenn der Dreck des Tages nun des Nachts durch schwere Tropfen gebunden und auf dem Boden gefesselt wurde und nun in den Rinnsalen der Gassen ertränkt wird.
Nach kurzem Innehalten spannt der junge Mann seinen Regenschirm auf und tritt mit einem seufzen hinein in die Gasse, deren Häuser in der einsamen Nacht hoch ragen und deren Dächer wie Dolche die Wolken aufgeschlitzt haben. Zornig funkelte es aus den Fenstern der hohen Geschosse, als er zwischen diese Gemäuer trat. Seine Schritte knallten auf den Steinen, die ihren Rücken in Erwartung des Trittes gespannt halten. Mit jedem Schritt schien es als würde sich die Straße in ewige Dunkelheit zerziehen. Wo sein Schreiten zu Beginn noch von Lichtern beobachtet war, umhüllte ihn zunehmend ein Kleid aus Dunkelheit. Aus den Schatten lockte leise der Tanz der Sirenen, ihn immer weiter in diese abgründige Kluft ziehend.
Auch wenn dies im Dunkel nicht erkennbar ist, spürt er wie in der Finsternis die Häuser immer höher und höher wuchern, blähen sich hoch hinauf und schauen von hoch oben aus engen Augenschlitzen mit funkelndem Blick wie er nichtig und klein weiterläuft. Klein wie eine Maus ist unser tapferer Marschierer geworden. Seinen Regenschirm fest umklammert tritt er durch die Kanalgitter der Straßen, die nun wie die Portale eines Schlosses vor ihm aufragen. Sein Herz dient ihm als Leuchtfeuer, hält es als Laterne in die Schwärze seines Weges. Der Regen der Oberwelt sammelt sich an seinen Seiten zu Kanälen, zu Bächen, gar zu Flüssen, die an ihm vorbei tiefer ins Dunkel stürzen.
Ich merke wie die Wasser des Chaos zu um mich herum aufbegehren, sehe wie Alpträume geisterhaft darin umherjagen. Orientierungslos drehe ich mich im Kreis. Als meine Drehung vollendet ist finde ich mich urplötzlich in einem Wellenmeer wieder. Die Wellen bauen sich hochhausgroß vor mir auf, stürmen, fallen, drohen über mir zu zerbrechen, mich hungrig zu verschlingen. Aus der Dunkelheit schleicht sich eine Schattenhand an mich herein und sticht eine Spritze in mein Herz. Wie eine Laterne trug ich es vor mir her, doch nun wirbeln Schatten darin umher. Schatten die sich meinem Auge nicht länger entziehen können. Ach Herrje, wo lang führt mich nur der Weg?
Durch das Getöse des Wellensturms dringt eine leise Melodie, die sowohl das Licht als auch die Dunkelheit meines Herzens zum Tanzen bewegt. Dieser Gesang macht meinen Geist träge, hypnotisiert ihn. Während ich der Melodie folge,
spalten sich zu seinen Seiten die Wellen und geben einen Weg frei. Schließlich erheben sie sich um mich herum, türmen sich auf und bilden ein Tor. Und wie ich nun davorstehe, bleiben die Wellen stehen, fließen so zäh, als wäre die Zeit um
ein tausendfaches gedehnt worden. Licht und Schatten streiten nicht länger in mir, Ruhe kehrt ein. Langsam falte ich meinen Regenschirm zusammen und lege ihn fort. Ich schaue durch den Seifenblasen-artigen Film, der sich zwischen den mir flankierenden Wellen in dunkler spiegelglatter Flüssigkeit gespannt hat.
Ich sehe mein Spiegelbild, sehe mein Hell und mein Dunkel. Erkenne, dass mir hier kein Märchen mehr verbleiben kann. Ich erkenne mich, ich sehe mich altern. Dann trete durch das Tor, hinein in den Wasserspiegel, lasse mich fallen in seine Schwärze. Und während ich in dieses dunkle glatte Wasser sinke, beginnt sich meine Haut abzulösen. Ich zerblättere, meine physische Form zerfällt. Je tiefer ich in jene endlose Raumlosigkeit falle, so mehr löse ich mich auf. Die Haut auf meinem Gesicht bricht, platzt weg, kein Schmerz. Eine Statue, die im Verlauf der Zeit zu Sand zerfällt. Nur schneller, sehr viel schneller.
Nebel blieb in der Dunkelheit zurück, als mein Sein zerfiel. Ein Nebel in der Raumlosigkeit, in der Zeitlosigkeit, in der riesigen Stille und stillen Freiheit. In Nebelbändern zog ich mich um mich selbst kreisend, zog mich in mich rein, in mich zusammen, bis ich als sehender Stern erwachte.