Bluebird
“Bluebird” misst 70 x 100 cm und ist mit Öl auf Leinwand gemalt.
Dargestelltist der Künstler selbst, mit heruntergelassenen Hosen auf der Toilette. Hinter ihm erhebt sich aus der Dunkelheit ein bösartig dreinblickender Vogel mit funkelnden Augen. Seine Schwingen drohen ihn zu umklammern, bieten aber auch Schutz.
-Schatten und Finsternis-
„Wenn du lange in den Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein“ – und dankbar sollten wir ihm dafür sein. Die Konfrontation mit Böswilligkeit, Manipulation und Betrug löst bei vielen Menschen einen lähmenden Schock aus. Bei eben jenen, die nicht tief genug in sich selbst geschaut haben, um zu erkennen, dass die gesamte Verwerflichkeit nicht bloß in den Herzen der anderen verweilt, sondern auch in ihrem eigenen. „Nimm dich vor jenen in Acht die Liebe predigen. In jedem Menschen ruht genug Hass, um jede Armee zu jedem Zeitpunkt zu befeuern. Und die die am lautesten über Liebe sprechen, sind am besten im Hassen.“
Kannst du dir bildhaft vorstellen ein mittelalterlicher Folterknecht zu sein? Oder eine Auschwitz-Wache? Kannst du dich in solchen Rollen wiederfinden, im vollen Bewusstsein was das bedeutet? Nein? – Du siehst in dir also eher den Helden, der die Leute vor solchem Übel errettet. Du weißt nichts über dich!
Das Problem naiv zu sein liegt darin, dass diejenigen die ihr Monster auf der Haut tragen, weiter unter uns wandeln. Jene die ihr eigenes Monster, ihren eigenen Schatten nicht erblickt haben, die diesen Teil ihrer selbst nicht verstehen, werden früher oder später der Böswilligkeit eines anderen zum Opfer fallen. Besonders heute verwechseln wir Naivität viel zu häufig mit Tugend, vertauschen Schwäche mit stoischer Gelassenheit. Es liegt nichts Gutes darin, einen schwachen Geist zu haben. Dieser Schatten lauert in uns allen und wenn seine Bedürfnisse ignoriert bleiben, unterdrückt, wenn man bereitwillig blind bleiben möchte, so wird dieser Schatten, dieser tiefe Teil des Menschseins herausbrechen. Allein die Zivilisation erlaubt es den Menschen naiv sein zu dürfen. Die blaue Pille schlucken zu dürfen, anstelle der roten. Doch bricht diese dünne Wand Weg, so sehen sie sich konfrontiert mit der zweiten Hälfte ihres Selbst. Sie zerbrechen fast unter dem Bruch, der durch sie ergeht, wenn ihr Selbstverständnis und ihre Taten nicht länger zusammenpassen. Man denke allein an Kriegsrückkehrer und ihre Traumata. Der Blick in den Abgrund ist eine schmerzhafte Angelegenheit, die große Teile des eigenen Selbst abbrennt. Dieses Feuer brennt heiß und mag noch lange nachglühen, doch ohne seine Flammen könnte man nicht aus der eigenen Asche auferstehen. Wenn du lange in den Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein. Doch wenn du lange genug in den Abgrund blickst, so wirst du Licht sehen.
In diesem Selbstportrait sitze ich dort mit heruntergelassenen Hosen. Eine Selbsterfahrung mit der nackten Realität. Aus der Dunkelheit tritt mein Schatten an mich heran. Begutachtet hungrig mein Fleisch und beschützt mich zugleich. Seine Schwingen umschließen mich und verleihen mir Flügel, die mich in die Luft zu tragen vermögen. „Denn wenn ein Baum an den Himmel rühren will, müssen seine Wurzeln bis in die Tiefen der Hölle dringen.“